Liebe Deutschlehrerinnen und Deutschlehrer,

ich habe mich sehr über die ausführlichen Rezepte für Sandwichs, Kartoffelsalat oder Waffeln und Krapfen gefreut, die wir in den vergangenen Wochen ausführlichst in persönlichen Briefen an andere aufschreiben und als Vorgangsbeschreibungen bis ins kleinste i-Tüpfelchen beschreiben durften. Auch, was mich besonders erfreute, sind die Variationen, die wir noch erfinden mussten, um die Rezepte als Vorgangsbeschreibungen abzurunden. Anschließend haben wir die Briefe dann mit dezenten Nachfragen und Aufforderungen, uns Bilder von den geglückten Nachahmungen zu schicken, beendet.
Beschreibung eines Vorgangs
Nun stehe ich also in der Bringschuld, ebenfalls eine ausführliche Vorgangsbeschreibung zu geben, denn ich bin doch sehr daran interessiert, eine entsprechende Vorgangsbeschreibung für eine Vorgangsbeschreibungsübung zu geben, die dann auch gut nachgemacht werden kann. Was wir dazu brauchen ist: einen eindeutigen Vorgang, eine Idee, warum er beschrieben werden soll und das passende Ende. Das kann variieren, insofern haben wir also auch die Serviervorschläge aufgegriffen. Doch der Reihe nach. Erst einmal sollte es ein eindeutiger Vorgang sein – die Zutaten sind da immer sehr unterschiedlich, sollten aber leicht zu beschrieben und allen bekannt sein. Nehmen wir also einfach einmal einen defekten Fahrradreifen am Fahrrad. Ich will also eine Anleitung zum Reparieren geben, weil ihr mich darum gebeten habt, als ich erzählt habe, dass ich das schon als Kind immer selber machen musste und mir mein Vater nur die Anleitungen und Arbeitsschritte angesagt hat, mich es aber eben selber ausführen ließ. Darum kann ich das heute. Immer noch.
Fangen wir mit den Zutaten an
Für die richtige Rezeptur gehören da noch die Zutaten und Werkzeuge dazu am Anfang, obwohl das ja für die Vorgangsbeschreibung nicht wirklich eine Voraussetzung ist, alles schon vorher zu kennen und zu benennen – aber für euch mache ich das möglich und gebe die Ingredenzien vorweg an.
Ich benötige: ein Fahrrad mit plattem Reifen, zwei Zangen, einen Schraubendreher, eine Luftpumpe und einen Bottich mit Wasser sowie Fahrradflicken, Schleifpapier und Vulkanisierpaste. (Und Nerven und Geduld, aber das ist nichts Greifbares – das ist ungefähr das, was ich auch beim Üben mit den Kochrezepten brauchte…)
Einmal auf den Kopf stellen, bitte
Um das Rad abnehmen zu können, muss ich das Fahrrad auf den Kopf stellen. Das heißt, es steht dann auf dem Sattel und der Lenkerstange. Dieses Rad muss ich, um das sehr wahrscheinlich im Schlauch vorhandene Loch zu flicken, aus der Fahrradgabel ausbauen. Richtig? Richtig. Dafür brauche ich genau zwei Werkzeuge: nämlich entsprechende Zange bzw. Schlüssel. Mit diesen lockere ich die Schrauben an der Nabe, so dass ich das ganze Rad aus der Gabel nehmen kann. Nun muss ich den Schlauch aus dem Mantel befreien. Dafür löse ich die Mutter am Ventil (sofern dort eine vorhanden ist) und lasse sämtliche Luft entweichen. Mit einem Schraubendreher hebe ich an einer Stelle den Mantel aus dem Metallband und lasse das Rad so lange kreisen, dass der Mantel komplett gelöst ist an dieser einen Seite. Jetzt kann ich den Schlauch aus dem Metallgestell herausnehmen und das Ventil wieder einsetzen. Danach pumpe ich den Schlauch mit einer Luftpumpe wieder auf. In einem vorbereiteten Bottich mit Wasser prüfe ich anschließend durch Hineinhalten und Weiterdrehen an welcher Stelle Luft entweicht. Das sehe ich an aufsteigenden Blasen. Ich nehme den Schlauch wieder aus dem Wasser und trockne die Stelle ab. Mit einem Schleifpapier schleife ich daraufhin großzügig um das Loch herum, gebe Vulkanisiermasse auf die Stelle und drücke den vorbereiteten Flicken darauf. Diesen muss ich für einige Zeit festhalten, bis der Kleber das Ganze hält. Einmal testweise aufgepumpt und erneut durch den Wasserbottich gezogen, sollte es mir zeigen, dass der Schlauch wieder dicht ist und ich ihn also wieder einbauen kann.
Alles retour
Anschließend muss der Schlauch wieder unter den Mantel auf die Fahrradfelge gelegt werden, das Ventil durch das entsprechende Loch geschoben und der Mantel, eventuell ebenfalls mit einem Schraubendreher, wieder eingeklemmt werden. Wie sie sehen, kann hier schon eine Variation erfolgen, denn nicht bei jedem Fahrrad ist das gleich leicht und einfach. Ist dies geschafft, brauche ich nur noch die Nabe wieder an die richtige Stelle in der Gabel zu bringen, sie mit den Zangen und den Schrauben erneut befestigen und dem weiteren Fahrspaß steht nichts mehr im Wege, als das Fahrrad wieder umzudrehen und den Reifen mit Luft zu befüllen.
Nun wünsche ich ihnen viel Freude damit, wenn sie den Lenker noch mit Girlanden verzieren oder die Klingel durch eine Tröte austauschen und damit alle sehr erfreuen. Sie können natürlich auch noch bunte Bänder in die Felgen montieren, weil das bei einer Fahrradreifenreparatur ja dazu gehört, nicht?
Merkt jeder selber, wie wenig das mit Vorgangsbeschreibung zu tun hat, oder?
Was ich eigentlich sagen will
Also lassen wir das bitte doch nächstens auch bei entsprechenden Aufsätzen, wenn wir schon Rezepte verschicken müssen als Vorgangsbeschreibungen. In einem persönlichen Brief.
Ich freue mich jedenfalls auf demnächst getrennte Aufsatzthemen mit eindeutigem persönlichen Brief oder Vorgangsbeschreibung. Für Rezepte empfehle ich übrigens chefkoch.de oder kochbar.de, bei Fahrradreparaturen meine Vater.
Mit matten und kochen-könnenden Gedanken sowie repariertem Fahrrad grüßt
die Mutter
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