Jetzt also neben Coaching auch Mentoring. Und zwar ich. Als Mentorin. Wie es dazu kam und was das mit dem Wort ouissal* zu tun hat? Am besten ist es, ich erzähle einfach die Geschichte. Drumrum und dahinter. Oder davor. Oder danach.
*Ouissal heißt so viel wie Brücke oder Verbindung – und genau das stellt das Projekt auch dar.
Wo-men-toring
Vor kurzem passierte es in diesem Internet, dass ich einen Beitrag las, in einem meiner Netzwerke: Mentorin gesucht. Kurzfristig. Ob jemand jemanden empfehlen könne, es gehe um ein deutsch-arabisches-Mittelmeerländer-Geschäftsfrauen-Netzwerk. Ja genau, ziemlich langes Konstrukt, namentlich. Aber irgendwie auch spannend.
Es sollte um Künstlerisches bzw. Kunstgewerbliches gehen, denn es wurde eine Ersatz-Mentorin gesucht, darum war das Themengebiet auch gleich konkreter angegeben. Spontan hatte ich wiederum eine Freundin im Kopf – zugleich aber auch deren Bedenken, so kurzfristig einzuspringen. Was mich nicht hinderte, sie zu empfehlen und gleichzeitig zu sagen, nur, wenn sie nicht dabei wäre, könne auch ich es mir vorstellen. Was, schließlich kenne ich meine empfehlenswerten Frauen doch recht gut, dann auch tatsächlich so der Fall war. Was ich zunächst weniger wusste, aber im Gespräch herauskam: ich war eine ideale Kandidatin, da das Projekt der Mentee sehr im Netzwerk- und Plattform-Bereich liegen würde.
Die Vermittlerin reichte mich also weiter an die Organisation und diese fragte mich tatsächlich, ob ich die Aufgabe einer Mentorin beim deutsch-arabischen Mentoring-Programm von ouissal übernehmen könnte. Spontan und kurzfristig aber umso herzlicher und begeisterter sprang ich als beratender Part eines deutsch-tunesischen Tandems ein. Nicht, ohne vorher mit der Organisation, die vom Bundesministerium sowie dem Auswärtigen Amt gefördert wird, ein intensiveres Gespräch zum Mentoring geführt zu haben: Sonntags abends – weil sowohl ich als auch die Geschäftsführerin spontan Zeit dafür hatten. Neben meinen Erfahrungen war es sicher auch ein Faktor, dass ich – gerade erst vom einer erlebnisreichen Auszeit in Frankreich zurückgekehrt – keine Probleme mit der quasi Amtssprache Tunesiens signalisierte und mich gerne auf ein paar Tage mehr französisch einließ. Ein wenig drängte es zudem – es waren gerade noch 4 Wochen bis zum Begegnungstermin in einem mir bisher eher unbekannten Land. Natürlich ist es mir nicht ganz fremd, was die politischen Ereignisse angeht, schließlich ist der Arabische Frühling eine der bedeutendsten Veränderungen, die in Tunesien ihren Start hatte. Es war in letzter Zeit jedoch etwas ruhig um das Land geworden, sieht man einmal vom Anschlag in Sousse ab, der jedoch für mich nicht das Ende der in den vergangenen Jahren erreichten Öffnung und Liberalisierung signalisierte. Genaugenommen machte ich mir gar keine Sorgen, dass während unseres Aufenthalts in Tunesien ähnliches zu erwarten wäre – das brachten tatsächlich eher die Organisatoren ins Gespräch. Mit der Versicherung, das Hotel und die Gegend, in der wir sein würden, sei nicht als problematisch eingeschätzt.
Tunis Tandem
Kurz und gut, ich hatte keine Bedenken und stellte mich auf 5 Tage Land und hoffentlich ebenso spannende Frauen Kennen-lernen ein. Das besondere an diesem Mentoring-Programm ist, dass am Anfang das gemeinsame Erarbeiten der Mentoring-Basis und Aufgaben in Tunis steht. Also zumindest für den deutsch-tunesischen Part ;). Ziel des Projekts ist nicht nur die Arbeit in den Tandems, sondern auch die Stärkung der lokalen, regionalen und internationalen Vernetzung von Frauen im deutsch-arabischen Frauennetzwerk. Natürlich versuchte ich, mich noch ein wenig schlau zu machen über die Situation der geschäftsfrauen in Tuniesien – und konnte feststellen, dass es tatsächlich einen sehr liberalen und aufgeschlossenen Eindruck auf mich machte, als ich doch so einige Frauen in wirtschaftlich relevanten Positionen fand. Auch vor Ort zeigte sich ein Bild vieler engagierter Frauen und eines friedlichen Nebeneinander westlich geprägterer Unternehmen und traditioneller Wirtschaft. Überhaupt, es war eine wahre Freude, die Unternehmerinnen kennen zu lernen – mit all ihrer Vielfalt, Aufgeschlossenheit und dem gar nicht klischehaften aber dennoch irgendwie typisch wirkenden arabischen Lebensgefühl und Handeln. Obwohl – auch da haben unsere Tandem-Frauen durchaus nicht dem Klischee entsprochen. Die Workshops starteten pünktlich, die Team-Gruppen arbeiteten gemeinsam und wir präsentierten die Ergebnisse ebenfalls nicht vor halbleeren Reihen. Dennoch kann ich sagen, war so einiges anders, beispielsweise die Diskussionskultur. Und natürlich das gelegentliche Abschweifen ins arabische, wenn es schnell gehen oder doch eben typischer emotionaler werden sollte. (Dem gegenüber müssen sich die deutschsprachigen Kolleginnnen aber an die eigene Nase fassen, verliefen doch einige Gespräche in den Pausen ebenfalls unverständlich für die Tandem-Partnerinnen). Aber ich mag ja auch das irgendwie guturale der „ch-s“ und „br-s“ – und vor allem die Körpersprache, die alles noch eindrucksvoller macht.
Gestrandet und doch unterwegs
Beeindruckend waren auch die Workshops, bei denen wir ganz nebenbei nicht nur unsere eigenen Tandem-Partnerinnen kennen lernten, sondern auch andere Lebenswege und beeindruckende Geschichten der anderen Teilnehmerinnen erfuhren. Tina Meier hat ganze Arbeit geleistet, uns immer wieder zu zeigen, dass jede also wirklich JEDE Erfolge und Power-machenden Ereignisse vorzuweisen hat, die sie sich und den anderen nur einmal deutlich machen muss. Bravo!
Nebenbei hatte ich ein wenig Gelegenheit, die Umgebung zu erkunden, während der Tandem-Team-Arbeit. Zumindest haben das Zaineb, deren eines Webprojekt bereits erfolgreich gestartet ist, die aber Unterstützung braucht für die Weiterentwicklung, und ich während unserer Kreativ-Phase getan. Und es gab so einiges zu entdecken.
Ich war froh, die Gelgenheit genutzt zu haben, denn sonst kamen wir kaum dazu, die Gegend um el Marsa ein wenig kennen zu lernen. Denn wenn es nicht Workshop oder große Gruppen-Arbeit gab, gab es Essen oder hochoffizielle Treffen mit dem deutsche Botschafter und der (leider durch die persönliche Assistentin vertretenen) Frauenministerin oder einer Maschinebau-Firmen-Chefin oder einer Redakteurin der größten Landeszeitung oder Alumnae der vergangenen Mentoring-Projekte. Die Tage waren lang – nur einmal habe ich es geschafft, morgens vor allem noch eine Runde zu schwimmen – auf dem Dach des Hotels, bei Sonnenschein und angenehmen Temperaturen mit Blick aufs Meer, das gleich auf der anderen Seite der Straße hinter einem Sandstrand lag. (Übrigens entsprach das Hotel und mein Zimmer exakt dem, was im Bordmagazin über das Dar el Marsa abgebildet und geschrieben worden war … )
Nach drei Tagen – leider hatten wir zwei offizielle Feiertag inbegriffen, an denen das öffentliche Leben ein wenig zum Erliegen kam – hatten wir eine kleine Touristentour eingeplant. Ich habe es sehr bedauert, meine Kamera nicht dabei gehabt zu haben und nur Smart-Phone-Fotos zu haben, denn: Tatsache, die Gegend, der auch Macke und Klee und Moillet etwas abgewinnen konnten, faszinierte mich ebenso. Ein wenig habe ich versucht, festzuhalten, neben der Qualität des Geräts kam erschwerend noch die knapp bemessenen Zeit dazu. Doch vielleicht gibt es ja nochmals Gelegenheit, in Ruhe die Gegend zu bereisen. Das Mentoring-Projekt ist ja schließlich auf ein Jahr angelegt, und wer weiß, ob ich nicht nochmals die Gelgenheit habe, hinzugelangen …
Nach leider nur 4 Tagen reiste ich ab, da der Flughafen Tunis einmalig in seiner Geschichte aber dennoch ungünstig vom Termin komplett geschlossen war und die Rückreise anders als geplant früher statt finden musste. Doch was ich mitnehme ist ein neues, spannendes Netzwerk, eine Aufgabe, meine Mentee zu unterstützen und die Projekt-Idee weiterzutragen durch den Erfolg, den wir erzielen wollen, sowie neue Freundschaften und Erfahrungen, die sich anderswo so nicht ergeben hätten. Besonders wertvoll war in diesem Zusammenhang die Wertschätzung, die alle gegenüber allen entgegenbrachten – ohne Vorbehalten oder Konkurrenz-Gedanken. So können Freundschaften und anregender Ideenaustausch gerne immer sein.
Über den Fortgang des Mentoring werde ich gelegentlich berichten.
P.S. Ursprünglich wollte ich diesen Beitrag für meine tuniesischen Freundinnen auf französisch schreiben, habe aber auf Grund der fehlenden Zeit Abstand davon genommen, Verzeiht, Zaineb, Ibtissem, Asma, Amel, Samia, Amira, Rawka und alle anderen (et tout les autres amies tunisiennes) – pardonnez moi de ne pas eu le temps de traduire l’article, j’ai quand-même une pensée pour vous et vos projets … <3
Die gleich zu Beginn positive Stimmung des Workshops und die interessanten Begegnungen haben mir die Hoffnung für Tunesien wiedergegeben. Und mit Artikeln wie diesem bestätigt sich das, wer etwas bewegen will, erreicht das am besten mit einem guten Netzwerk!
Liebe Ines,
so soll es sein.
Danke Dir und auf hoffentlich bald einmal wieder.