Ins CERN wollte ich schon immer mal. Nun habe ich es (fast) geschafft. Denn bei An- und Abreise(per Auto) am selben Tag zu TEDxCERN und einem gut 7-stündigen TEDxCERN Vortragsprogramm bleibt nicht viel Zeit fürs Drumherum. Aber einen Blick ins Universum habe ich mir erlaubt – wo es doch auch in einen Vortrag um das Verstehen unseres Universums gehen sollte.
Überhaupt, verstehen: da verstehe einer einmal die Schweizer, welche eine Institution haben, die eigentlich doch auf französischen Boden steht, dort eine überwiegend englischsprachige Veranstaltung mit Gästen aus allen möglichen nahen und fernen Ländern haben und Volunteers aus Griechenland, Ukraine und was weiss ich noch woher versammeln… Ein lustiges Sprachengewirr einschließlich der Sprachverwirrung meinerseits beim Antworten oder Fragen forderten das Hirn bereits vor dem unglaublichen Fachinformationsinput der Redner.
Da können sich andere** ’ne Scheibe abschneiden
** hier bitte Konferenzen, Redner-Organisationen, Kongresse usw. einsetzen
Organsiation könen sie, perfekt. Und auch wenn das CERN 60jähriges feiert und daher sicherlich ein paar Schweizer Franken mehr spendieren konnte, hat sich Sponsor Rolex dezent zurückgehalten mit marktschreierischer Werbung – dafür jedoch ermöglicht, dass der TEDxCERN kostenfrei für die Besucher war. Einschließlich WLAN im Hauptzelt und Pausengetränken sowie anschließenden Get-together-Coctails und Fingerfood. Punkt 1 für Genf. Nicht zu vergessen die doch direkt vor der Tür verfügbaren Parkplätze samt ebenso konkreter Parkplatzeinweisung – für eine optimierte Auslastung der Fläche. Respekt. (Kann mir gerade nicht vorstellen, dass das so in München am/um/zum Residenztheater realisiert werden könnte.) Punkt 2 für Genf.
Bevor ich meine persönliche Highlights ausführlicher niederschreibe, noch ein wenig mehr des Allgemeinen: Nicht nur die Idee der Papierschiffe „floated my mind“ – auch die Vorträge und vor allem die geschickte Aneinanderreihung der verschiedensten Sachgebiete, die dadurch den jeweiligen Session-Part wie ein logisch zusammenhängendes Thema erscheinen ließen. Punkt 3 für Genf. Und ganz besonders erfreut hat mein Herz, dass so viele hervorragende Frauen auf der Bühne standen. Nicht als Moderatorinnen oder Helferinnen – nein – als eloquente und faszinierende, weil von ihren Fachgebieten und Projekten begeisterte Rednerinnen. Hervorragend ausgebildet, mitreißend und vor allem so allgemeinverständlich erzählend, dass auch Nanopartikel, Klimamodelle oder Kompressions-Energiespeicher jedem verständlich wurden. Besonders schön daran auch, dass es von den Machern und Moderator als etwas Selbstverständliches angesehen wurde und nicht extra betont – was ja letztlich eine Abwertung des ganzen dargestellt hätte. Mein Dank dafür geht an das Programmorgansationsteam. Macht also Punkt 4 und 5 für Genf, das zählt doppelt, weil es eben nicht selbstverständlich ist. (Liebe DMW, ich wünsche mir, wir bekommen das auch bei anderen Konferenzen hier endlich genauso geboten…)
Und Timing bekommen sie auch hin, wobei da auch die Gäste einen großen Teil mit dazu beitragen. Rechtzeitiger Hinweis auf Sessionstart, pünktlicher Beginn und auch das Timing der einzelnen Referenten war hervorragend. Auch, wenn an Schluss die spontan-Bühnen-Party nicht ganz zeitlich eingeplant war. Punkt 6 für Genf. ( Ich wusste es, Genf ist sexy – ich muss da noch mal mit mehr Zeit für alles hin.)
Herzblut für die Themen
Alle Vorträge kurz (also was so eben mehr oder weniger als kurz möglich war) habe ich in einem Gastbeitrag bei Stefan zusammengefasst, darum möchte ich Euch hier meine persönliche Highlights des TEDxCERN an’s Herz legen – und zwar unter anderem auch den Beitrag zur Kardiologie, denn das Projekt ist es wert.
Eigentlich habe ich zu Arthur Zangs genialem und selbstlosen Einsatz schon bei Stefan geschrieben, aber es ist mir wichtig, den Aspekt des: DAS INTERNET IST GUT, den sein Vortrag so deutlich machte, hervorzuheben. Arthur Zang hat als Softwareingenieur mit einem Kardiologen ein wunderbares „einfaches“ Gerät geschaffen, das Hunderten herzkranker Menschen in Ländern helfen kann, in denen nicht so eine gute Versorgung aller auch ländlicher Gebiete mit Fachmedizinern gegeben ist. Und sein Projekt hat enormes Potenzial. Sein Hilfsmittel kann von Landkrankenschwestern genutzt werden, um EEGs zu erstellen und die Daten direkt an entsprechende Kardiologen zur Auswertung zu senden. Diese Methode erspart den Betroffenen lange Reisen, Wartezeiten und unnötige Wege und Kosten. Dass er sein Projekt weiter vorantreiben konnte, verdankte er neben Microsoft, die es materiell förderten auch dem Internet. Um nämlich Mittel einzuwerben, hatte er ein Youtube-Video erstellt – innerhalb der ersten drei Tage wurde dies über 3000 mal abgerufen – und die Journalisten kamen und berichteten. Unfassbares geschaf danach (Nein, das ist jetzt nicht für heftig und Co. geschrieben, sondern, weil wir uns so etwas hier bei uns gar nicht vorstellen können!) der Präsident Kameruns las darüber also in der Zeitung – und entschied, dass dieses Projekt finanzielle Unterstützung braucht. So konnten Arthur nach China reisen, und ein erstes Gerät – also seinen Prototyp – bauen lassen. Nun, mit diesem Gerät stellte er wieder ein Video her, auch, um den ersten Unterstützern zu zeigen, was er erreicht hat … und tja, was soll ich sagen, auch das brachte wieder Zusprache. Das Preisgeld eines Wettbewerbs von TEDxCERN Sponsor Rolex verwendet er nun für den Bau weiterer Geräte, die dann in Kamerun zu Einsatz kommen werden. <3
Kein Rum-Krebsen sondern Nanoforschung at it’s best
Auch, und gerade, weil es in meinem Bekanntenkreis schon so einge liebe Menschen gegeben hat und immer noch gibt, die – natürlich meist unvorbereitet, nicht vorbelastet und immer, wirklich IMMER zu einem unpassenden Zeitpunkt – mit der Diagnose Krebs besondere Situationen meistern mussten und haben, ist auch der Nanomedizin-Vortrag diekt in mein Herz geflasht. Alleine die Vorstellung, 4 Jahre mit !einem! einzigen Thema beschäftigt zu sein, ‚zig Versuche zu machen, um endlich! endlich ein stabiles Nanopartikel-Element aus Silber herstellen zu können, ist faszinierend. Für mich – und für viele andere auch, die sich täglich mit drölfzig verschiedenen Themen beschäftigen und vielleicht schon gar nicht mehr in der Lage sind oder es zumindest glauben, es nicht mehr zu sein, sich länger mit nur !einer! Sache zu beschäftigen. Dazu kommt, dass Sonia Trigueros als Biologin sich erst einmal in die Physik und letztlich in die Medizin einarbeitete, die für diese Forschung nötig war. Was sie wohl so gut tat, dass sie nun als Co-Director das Oxford Martin Institute of Nanoscience for Medicine der Oxford-Universität mit leitet.
Ach Heike, ich musste beim Zuhören oft an Dich denken und würde dir so gerne sagen können: Hey, das nebenwirkungsfreie weil direkt nur proteinveränderte Zellen angreifende Arzneimittel ist erfunden, du kannst es nehmen und alle anderen als Prophylaxe auch. Leider ist es noch nicht ganz so weit – aber Menschen wie Sonia forschen für dich und alle anderen daran. Nicht nur, dass sie herausgefunden hat, wie diese veränderten Zellen gefunden, sondern auch, welche Nanopartikel als Transporter genutzt werden können. Das Nanosilber wirkt besser als Antibiotikum – und mit passenden DNA-Nano-Molekülen lassen sich Krebszellen finden und können diese Medizin dorthin bringen – ohne gesunde Zellen zu schädigen … Allerdings hat Sonia auch Ihre Vision relaistisch angekündigt: „Ich wünsche mir, dass in 5 bis 25 Jahren eine Tablette mit Nanomedizin für jeden nutzbar ist, die bereits im Vorfeld genommen werden kann und beginnende Krebszellen findet und unschädlich macht, bevor eine Krebs-Diagnose überhaupt gestellt werden muss“ so: Hold on and carry on, Sonia, we trust in you!“…
Mut und Inspiration ergibt: Zukunft
Besonderen Respekt habe ich Hayat Sindi aus Saudi Arabien entgegengebracht – ihre Biographie ist einfach stark. Traditionell aufgewachsen aber mit dem genialen fördernden Vater bedacht, der ihr schon als Kind sagte: „Wenn Du willst und dir Wissen aneignest, kannst Du alles erreichen“. Kein Wunder, dass sie den Mut hatte, ohne Sprachkenntnisse, ganz alleine auf sich gestellt, nach England zu gehen, um dort Wissenschaften zu studieren. Ohne besondere Qualifizierung. Ohne Stipendium oder Förderer vor Ort.
Und sie blieb. Lerne die Sprache, studierte und nicht nur dort, sondern auch in Berkeley und Harvard… das Ergebnis ist eine Institution, die sich der Förderung junger Gründerinnen und Gründer verschrieben hat, insbesondere dort, wo es nicht so üblich ist. Die ersten 8monatigen Förderungen im Nahen Osten sind dieses Jahr gestartet und das „Institue for Imagination and Ingenuity, kurz i2, ist ihr Weg dazu.
Außerdem ist sie Unesco Goodwill Ambassador seit 2012 und hat ein zweites absolut uneigennütziges Projekt: Diagnostik für alle gestartet…“What a great women“.
Von TEDxCERN lernen heißt: Herzblut in der Sache
Ach, es war so viel dabei – so viel Herzblut aller Redner, selbst bei Themen, denen mein Herz kritisch gegenüber steht (ein bisschen Altlast soll ja gesund sein, also lass ich mir das retrogrüne Denken auch nicht schlecht machen), dass ich nicht anders kann als: „So muss es sein!“ sagen. Ich kann jedem nur an’s Herz legen, einen TEDx live zu besuchen – die Stimmung aufnehmen und dabei sein, wenn die Redner auf der Bühne sprechen. Es ist so ganz anders, als nur ein Film sehen oder als irgendeine Konferenz… An den 6 Punkten muss sich allerdings jetzt jeder independent TED-Live-Event messen lassen von mir, und ich sage Euch: Da hat es der nächste in meiner Nähe echt schwer. „München: Wappne dich und gib dein Bestes ( aber das wird ja von einer Agentur aus Berlin organisiert…)“
Schreibe einen Kommentar