Ich habe eines Nachts etwas geschrieben, ganz anders als sonst. Zumindest, was Form und Inhalt angeht. Nicht jedoch das wie. Ich schrieb von Herzen. Und mit Elan und aus einem Bedürfnis, es jetzt, genau jetzt, schreiben zu müssen. Und heute teile ich es. Auch aus Gründen, die ähnlich sind. Jetzt erst einmal eben jene: 101 Worte.
Angekommen
Es war weg. Einfach so. Kein Unterschied mehr zwischen ich und du und er und sie. Ohne Übergang und ohne Vorwarnung. Sie standen da und beäugten sich. Schweigend, wo vorher Sprachengewirr die Luft füllte. Stattdessen umgab sie eine Aura des Vertrauten, die sie ohne Worte reden, fühlen und verstehen ließ. Eine Tür fiel zu. Der Luftzug streifte sie und er blickte sie fragend an, kein Wort auf den Lippen. Das war nicht nötig, sie verstand. Nahm ihn an der Hand und ging mit ihm. Vorwärts. Nicht mehr zurück. Ab jetzt war alles anders. Sie waren eins. Sie waren endlich angekommen.
100 Worte plus Überschrift
101 Worte. In der Nacht geschrieben. Spontan. Und doch nötig. Genau zu jenem Zeitpunkt. Sie waren mir eine Bedürfnis. Der Anlass war genial und passend. Und auch das Thema. Auslöser, dass ich (doch noch) meinen Beitrag zum Astikos-Drabble schrieb, war eine Facebook-Benachrichtigung, dass irgendwer einen Kommentar unter meinen Post geschrieben hatte. Just an dem letzten Abend, an dem die Frist ablief. Ich bin demjenigen dankbar. Sehr. Immer noch.
Und ich bin nicht traurig darüber, dass mein Text nicht unter den 31 ausgewählten ist. Die Jury hatte über 270 Texte zu lesen und ihre Stimmen abzugeben. Kein leichtes Unterfangen. Für mich war das Schreiben das Entscheidende. Es geschrieben zu haben.
Schreiben einmal ganz anders
Meine Gedanken sortieren, schweifen lassen und Unfassbares in Worte fassen zu können, war mir in der Nacht ein Bedürfnis. Vorausgegangen war ein sehr privates Gespräch und Erlebnis. Beides gab mir viel zu denken, vor allem, weil es sich um ein mir eben nicht aus persönlicher Erfahrung heraus bekanntes Feld handelte. Etwas, das für mich schwer zu begreifen war, zu verstehen, zu empfinden. Ich habe dafür meinen Grenzen gespürt. Barrieren und Hindernisse, die es in Worte zu fassen und zu überwinden galt. Eben weil das Gespräch so viel aufgeworfen hat. So viele Fragen, so viel Verstehen wollen, so viel „ich weiß nicht, wie sich das anfühlt“. Es hat aber irgendwie auch ein „jetzt verstehe ich viel mehr“ bewirkt. Überhaupt war es ein sehr sehr intensives Gespräch.
Genaugenommen war es so intensiv und nachhaltig, dass es mir überhaupt nicht schwer fiel, das Thema aufzugreifen, sowohl das Drabble-Thema „Anders sein“ als auch das des Gesprächs. Erstmals mit „Schreiben aufs Wort“, exakt 100 Worte sollten es sein. Sie wurden es fast automatisch. Ein Wort gab das andere, die Gedanken fügten sich – nachdem sie sich im Kopf geformt hatten, zu einer Geschichte, die exakt beim 100sten Wort endete. Ich war – merkt ihr?! – selber erstaunt, dass ich dieses Korsett quasi ohne ein einziges Wort nachträglich zu streichen erreichte und füllte. Ich war sogar so erstaugt, dass ich ohne eine Endlossatz-Überschrift auskommen konnte, wie ich es noch anfänglich, also ich mich öffentlich zum Mitschreiben-wollen bekannt hatte, angenommen hatte. Denn 100 Worte, was ist das schon?
Kein Wort zuviel und keines mehr
Ich gab den Text nicht nur der Jury. oder auch doch einer jury. meiner persönlichen, wmir sehr wichtigen. Doch auch das erst nach Zögern. Wenn dir eine meinung wichtig ist, du aber zugleich nit entäuscht oder belogen werden willst, ist es gar nicht leicht, so einen Nicht-Alltags-Text einfach deinen Lieblingskritikern zu lesen zu geben. Mir jedenfalls fiel es nicht leicht. Ich versuchte mich abzusichern. Ich warf dadurch neue Fragen auf und bekam Antworten, die mir mein Anders sein aufzeigten. Eigentlich müsste der Blogbeitrag „Ich bin anders“ heißen, wenn es danach geht. Doch ich habe nicht über und für mich geschrieben, sondern für jemand anderen. Und alles, was ich jetzt hier noch erzähle, sage ich nur, weil ich genau das erklären will. Vielleicht auch, wie wichtig mir das Erkennen war, dass jemand ganz anders sein kann und es eben nicht jeder versteht: nicht einfach so, von sich aus, ohne Erklärung, ohne Herantasten, ohne etwas einfach einmal so stehen lassen und – der Freiheit, das der andere einfach so ist und ich eben nicht alles weder logisch noch emotional nachempfinden und begreifen kann. Es ist dadurch aber nicht weniger richtig als mein eigenes Sein.
Nachsatz: Hätte ich mich intensiver mit Philosophen beschäftigt, könnte ich jetzt mit Zitaten um mich werfen. Wer mich kennt, weiß, dass ich nicht gerne zitiere. Denkt Euch also, wen oder was ihr meint, was dazu passt. Oder noch besser: Kommentiert. Und wenn Euch meinen 101 Worte gefallen haben und zum Nachdenken anregen, schreibt es auch gerne.
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